Samstag, 4. Juli 2015
Karenz
"Erholt siehst du aus!" oder "Farbe hast du bekommen". Klar, ich schiebe den Kinderwagen eher draußen rum als in geschlossenen Räumen, und auch die meisten Spielplätze liegen im Freien. Was mich aber nervt, ist die implizite Annahme, Karenz wäre mit Urlaub gleichzusetzen.

Vielleicht stelle ich das auch nur falsch an und kann deswegen nicht behaupten, dass Väterkarenz gleich Erziehungs-"Urlaub" ist. Ich bin bisher jedenfalls noch nicht im Café gesessen und habe Cappuccino getrunken und dabei leicht den Kinderwagen gewippt, in dem Junior friedlich pennt.

Und dann ist da eben noch das Tagesgeschäft, aus dem mich Herauszunehmen ich dank elektronischer Kommunikation nicht geschafft habe (schwieriger Satz - Verbesserungsvorschläge?). Natürlich, die Prioritäten liegen während der Karenzzeit anders, aber nicht auf Urlaub machen. Und der Spagat, neudeutsch Work-Life-Balance, ist nicht unbedingt einfacher.

Aber ich werde es schon schaffen, gleichzeitig Vater und Doktorvater zu sein mit allem, was dazugehört. Geht ja bei den Kollegen auch.

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Montag, 29. Juni 2015
Karenz
Mehr Freizeit habe ich durch die Karenz tatsächlich nicht - dass ich mich um liegen gebliebene Lieblingsprojekte kümmern kann, war also eher eine unrealistische Wunschvorstellung.

Von den insgesamt 82 Arbeitstagen war ich 30 im Büro oder dienstlich unterwegs, außerdem habe ich an zwei Samstagen Vorlesung gehalten. Wenn ich die Samstage jetzt also zu den Arbeitstagen dazurechne, dann komme ich auf eine Quote von 38%. Dazu kommen die Heimarbeitsstunden am Nachmittag, wenn Junior bei der Tagesmutter ist, und am Abend, wenn er im Bett liegt und schläft.

Zumindest gelingt es mir, meine Inbox mehr oder weniger im Zaum zu halten, ich baue zwar Backlog auf, aber nicht über jedes Maß. Und weil ich einfach mal annehme, dass ich tendenziell mehr Emails bekomme als wenn ich dauerhaft telefonisch im Büro erreichbar bin oder sich manche Sachen einfach mit einem Gespräch auf dem Gang klären lassen, ist das gar keine so schlechte Leistung.

Und wie sieht es jetzt mit der "besonderen" Beziehung aus, die ich während der Karenz mit Junior aufbaue? Das kann ich schwer beurteilen, weil ich nicht weiß, wie sie ohne Karenz aussehen würde. Dass wir eine besondere Beziehung haben, steht außer Frage. Und das ist ja die Hauptsache.

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Freitag, 20. März 2015
Karenz
Die Probleme, die die partielle Sonnenfinsternis für den heutigen Netzbetrieb verursacht haben, liegen weniger darin begründet, dass aufgrund der reduzierten Sonnenstrahlung viel weniger Stromerzeugung aus Photovoltaik verfügbar war - damit kommt man an wolkigen Tagen oder nachts ja auch zurecht. Das Problem ist vielmehr, dass die Erzeugung sehr schnell wegfällt und sehr schnell wieder zurückkehrt.

Sonnenblumenfinsternis

Bei der Karenz habe ich nun ein ganz ähnliches Problem. In den ersten Wochen muss ich damit zurechtkommen, dass sich die laufenden Projekte und der Unibetrieb insgesamt nicht schlagartig auf 25% reduzieren, aber ich wesentlich weniger Zeit zur Verfügung habe, um mich diesen Dingen zu widmen. Das umgekehrte Problem, also dass ich nach Ende der Karenz schlimme Langeweile haben werde, weil ich dann nicht weiß, was ich mit meinen nun wieder zur Verfügung stehenden zusätzlichen 75% Arbeitseinsatz anstellen soll, lasse ich dagegen jetzt mal ganz locker auf mich zukommen. Das ist sicher eines der Probleme, die viel weniger schlimm aussehen, wenn sie erst mal da sind :/

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Dienstag, 17. März 2015
Karenz
Als Vorsitzender der Studienkommission muss/ soll/ kann/ darf ich an den Sitzungen des Senats der TU teilnehmen, als Auskunftsperson und ohne Stimmrecht. Gestern habe ich also den Nachmittag des ersten Geburtstages von Junior auf der Senatssitzung verbracht, über die Aktivitäten der StuKo zur Einführung eines neuen Studienganges und zu geringfügigen Änderungen eines bestehenden berichtet und jedenfalls nicht mit Junior selbstgebackene Rosinenbrötchen gegessen. Am Vormittag war ein Projektanbahnungsgespräch, zweimal Seminar mit Dissertantinnen und Vorab-Besprechung mit meiner Karenzvertretung.

Nun wurden die Sitzungstermine des Senats extra vorverlegt, um ein mit Familie und Beruf vereinbares Ende der Sitzungen spätestens um 17:00 Uhr zu ermöglichen, und tatsächlich blieb dann noch genug Zeit, um zum Flughafen zu fahren, in den Flieger nach Hamburg zu steigen und per S-Bahn und Reginalexpress ins Karenzbasislager zu fahren - aber am Ende hat es doch bis kurz nach Mitternacht gedauert, und natürlich lag Junior da schon knapp fünf Stunden im Bett. Kurz: Seinen ersten Geburtstag musste Junior ohne Papa feiern und ohne Geschenk vom Papa (außer den Genen fragwürdiger Qualität, die ich ihm mitgegeben habe).

Jetzt ist er noch nicht alt genug, um überhaupt zu kapieren, was los ist und wieso er bunt eingewickelte Sachen auswickeln soll und warum das Eingewickelte toller ist als das Einwickelpapier, mit dem er sich dann viel lieber beschäftigt. Aber ich glaube, nächstes Jahr komme ich damit nicht mehr durch und will es auch gar nicht.

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Donnerstag, 5. März 2015
Karenz
Die ersten beiden Werktage meiner Karenz habe ich voll gearbeitet - mit Abendveranstaltung am Montag und ohne die Mittagspause abzuziehen etwa 20 Stunden. Das heißt, ich habe jetzt 60 Stunden, in denen ich eigentlich nichts arbeiten müsste. Macht bei einer 40-Stunden-Woche siebeneinhalb Tage. Weil ich gestern noch ein bisschen beruflich telefoniert habe, sollte das eigentlich bis Ende nächster Woche reichen.

Tatsächlich habe ich kommende Woche drei Arbeitstage eingeplant - Prüfungen und Termine, die ich nicht per Email oder, noch besser, gar nicht wahrnehmen müsste. Und in der Mailbox warten seit Dienstag Abend 55 ungelesene Mails, ob wichtig oder nicht, werde ich jetzt mal screenen. Und dann das Stundenkonto aktualisieren.

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Sonntag, 1. März 2015
Karenz
Heute ist nun also der erste offizielle Tag meiner Väterkarenz - wobei der sich von einem "normalen" Sonntag kaum unterscheidet: Ein bisschen Vorarbeiten für die Woche, damit die Angelegenheiten, für die ich mir ab jetzt nur noch 25% meiner regulären Arbeitszeit nehmen will, einigermaßen ordentlich erledigt werden können.

Natürlich ist es ein Privileg, die Väterkarenz mit dem damit verbundenen Einkommensverlust ohne Existenzsorgen antreten zu können. Dauerhaft würde ich mit 25% des Professorengehaltes vermutlich nicht zurechtkommen, sicher jedenfalls nicht ohne meine Lebensumstände ganz massiv ändern zu müssen. Aber die Karenzzeit ist überschaubar, und ich muss zugeben, dass ich mich nicht mal hingesetzt und auf einem Zettel aufgeschrieben habe, was das jetzt finanziell bedeutet und was ich mir nun noch leisten kann und was nicht.

Und auch wenn ich kein Beamter bin, sondern "nur" Angestellter im öffentlichen Dienst nach Kollektivvertrag, muss ich keine Sorge haben, dass sich die Tatsache, dass ich Väterkarenz nehme, auf meine Karriere oder mein berufliches Fortkommen auswirkt. Als Professor wird man eh nicht mehr befördert - und meine Karenzvertretung, sofern wir hoffentlich für den Zeitraum eine finden, sägt weder an meinem Drehstuhl noch verschaffe ich einem Kollegen-Konkurrenten eine bessere Ausgangsposition auf eine gemeinsam von uns angestrebte Stelle mit noch mehr Verantwortung/ Umsatz/ Mitarbeitern/ Fensterachsen im Büro.

Umgekehrt muss ich aber sehr wohl sehen, dass ich die laufenden Projekte so gut es geht weiter monitore, die laufenden Dissertationen und Diplomarbeiten weiter betreue und auch die Netzwerke und Kontakte weiter pflege, um neue Forschungsprojekte und neue Finanzierungen zum Ersatz für die (aus-)laufenden Förderungen an Land zu ziehen.

Das größte Privileg ist es aber, einen munteren Sohn zu haben, dem ich meine Zeit widmen darf und der mich dafür belohnt, indem er mich ab und zu von seinem Rosinenbrötchen abbeißen lässt.

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Mittwoch, 18. Februar 2015
Karenz
Der (reguläre) Urlaub im Februar ist jetzt also Generalprobe für die Teilzeit-Väterkarenz. Konkret heißt das: Vormittags nach dem Frühstück mit dem Junior spielen, wenn er müde und deswegen unkonzentriert und leicht aufbrausend ärgerlich wird (von wem hat er das denn?), eine Schlaf- und Einkaufsrunde (er schläft, ich kaufe ein, in dreißig Jahren machen wir es dann umgekehrt) im Streitwagen drehen und dann bei Jausenpause mit Rosinenbrötchen ganz langsam ins Mittagessen überleiten.



Am Nachmittag ist der kleine Mann dann bei der Tagesmutter, und ich habe Zeit für Emails, Telefonate, Videokonferenz oder die Nase in Unterlagen stecken oder Sachen abarbeiten. Wobei ich es schwierig finde, dann auf den Punkt konzentriert zu sein und mich wirklich genau diesen Sachen zu widmen (siehe Zeit dieses Postings...).

Angeblich brauchen Babies ja Strukturen und Rituale, um sich in der Welt zurechtzufinden - und ich brauche die offenbar auch, um mich in der Karenz einzufinden, soviel habe ich aus der Generalprobe schon mal mitgenommen. Ob und wie das funktioniert, werde ich ja dann sehen.

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Donnerstag, 12. Februar 2015
Karenz
Wie ich in 25%-Teilzeit die Agenden erledigen soll, die ich die letzten 7 Semester in Vollzeit nicht so auf die Reihe bekommen habe, wie ich mir das vorstelle, frage ich mich natürlich auch.

Die richtige Antwort gegenüber HR wäre wohl "Besser organisieren - delegieren - Micromanagement vermeiden", und bestimmt gibt da bei mir Verbesserungspotential, sehr viel sogar. Aber ob das ausreicht, um von 100% auf 25% runterzufahren? So ganz habe ich mich ja auch noch nicht von der Vorstellung gelöst, während der Karenz das eine oder andere Pet-Project unterzubringen.



Und dazu zähle ich noch nicht mal, meine Puppenspielerkünste zu verbessern, mit denen der Dreikäsehoch noch nichts anfangen kann.

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Mittwoch, 4. Februar 2015
Karenz
Ob der kleine Mann auch genug Luft bekommt (ja, tut er) und ob es ihm nicht langweilig wird, weil er nicht rausgucken kann (nein, er schläft) - umgekehrt spreche ich ja auch keine Leute an, die ihr Kind bei dem Wetter im offenen Wagen durch die Gegend kutschieren...



PS: Bis jetzt ist er noch jedes Mal (also genau einmal) eingeschlafen, wenn ich ihm "Schlaf ein, wenn Du Club-Fan bist" vorgesungen habe.

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Montag, 2. Februar 2015
Karenz
Als Karenz wird in Österreich der Anspruch unselbständig Beschäftigter auf Freistellung von der Arbeitsleistung gegen Entfall des Arbeitsentgelts bezeichnet. Unselbstständig erwerbstätige Mütter oder Väter haben im Anschluss an die Schutzfrist der Mutter Anspruch auf Elternkarenz bis zum 2. Geburtstag des Kindes.

Ich habe vor, als unselbständig Beschäftigter der Technischen Universität Wien diesen Anspruch zu nutzen - von März bis Juli, d.h. im Wesentlichen über das Sommersemester hinweg. Und zwar in Teilzeit (25%), irgendwie ist man als Professor ja doch immer ein bisschen in Dienst. Den Rest der Zeit werde ich nutzen, um dem Junior hinterherzuräumen, aufzupassen, dass er sich nicht zu oft den Kopf stößt, und um meine Fähigkeiten, am helllichten Tag in geschlossenen Räumen Menschen durch meine Stimme zum Einschlafen zu bringen, an ihm scheitern zu sehen- was das Einschlafen angeht, könnte er sich durchaus eine Scheibe an den Hörern der Lehrveranstaltung "Energieversorgung" abschneiden.

Wenn dann noch Zeit übrig bleibt, kann ich ja berichten.

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