Mittwoch, 29. August 2018
Technik
Früher (TM) hatte ich ja angekündigt, noch etwas über "das Wesen" der Blindleistung zu schreiben.

Wie in dem früheren Blogbeitrag über den Sinn bzw. Unsinn der Bezeichnung induktive/kapazitive Blindleistung schon dargestellt, ist die Blindleistung rein formal das, was von der Wirkleistung auf die Scheinleistung fehlt, wobei Wirk- und Blindleistung eben geometrisch und nicht arithmetisch addiert werden.
Die Scheinleistung als Produkt der Effektivwerte von Spannung und Strom ist ein Maß für die Beanspruchung des Systems. Diese Beanspruchung kann sich in spannungsabhängigen Verlusten (in der Isolation) oder stromabhängige Verluste (in den Leitungen) auswirken. Immer dann, wenn die Scheinleistung größer ist als die Wirkleistung, ist Beanspruchung des Systems höher, als sie sein müsste, wenn genau die Wirkleistung bereitgestellt wird. Der Leistungsfaktor λ (nicht zu verwechseln mit dem Wirkungsgrad) ist dann kleiner als 1. Deswegen wird im elektrischen Energiesystem ein Leistungsfaktor möglichst nahe bei 1 angestrebt, aber normalerweise nicht erreicht, weil eben auch Blindleistung auftritt.

Ein häufiges auftretendes Missverständnis ist, dass der Leistungsfaktor immer und direkt über λ=cosφ in einen Winkel φ umgerechnet werden kann, der die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung bezeichnet. Erstens muss man sich dann immer noch Gedanken über das Vorzeichen des Winkels machen, und zweitens geht das nur dann, wenn die auftretende Blindleistung, die für λ<1 verantwortlich ist, ausschließlich Verschiebungsblindleistung ist. Tatsächlich gibt es aber, oje oje, auch noch andere Arten von Blindleistung, weil es andere Gründe für Leistungsfaktoren <1 geben kann.

Ich merke schon, die Spannung steigt, aber bleiben wir erst mal bei der Verschiebungsblindleistung. Das Vorzeichen für den Winkel ist schnell bestimmt, wenn man sich den Grund für den Phasenunterschied klarmacht. Ich merke mir das so: An eine Induktivität muss man zunächst eine Spannung anlegen, damit sich nach u=L⋅di/dt ein Stromfluss aufbaut (also eilt der Strom im Verbraucherzählpfeilsystem der Spannung nach), während in eine Kapazität zunächst Strom fließen muss, damit sich eine Spannung aufbaut (deswegen eilt der Strom im Verbraucherzählpfeilsystem der Spannung vor). So, und jetzt kommt es: Einen Winkel zwischen Strom und Spannung anzugeben ist nur dann sinnvoll, wenn Strom und Spannung sinusförmige Zeitfunktionen mit der gleichen Frequenz sind. Aber was ist, wenn Strom und Spannung nicht beide sinusförmig sind und die gleiche Frequenz haben, und deswegen die Angabe einer Phasenverschiebung nicht ausreicht? Dann, und danke für das Warten, treten neben Verschiebungsblindleistung eben noch andere Komponenten der Blindleistung auf.

Fangen wir mit der Verzerrungsblindleistung an. Ein weiteres häufiges Missverständnis ist, dass Verschiebungsblindleistung nur dann auftritt, wenn Induktivitäten und/oder Kapazitäten mit im Spiel sind, die für die oben genannte Phasenverschiebung sorgen. Die Phasenverschiebung kann aber auch andere Gründe haben: Sie tritt auch auf, wenn z.B. eine Phasenanschnittsteuerung den Stromfluss durch eine sonst rein resistive Last nur für einen bestimmten Abschnitt einer Sinushalbwelle zulässt und damit die (Wirk-)Leistung reduziert (man denke an gedimmte Glühbirnen - und spätestens dann, wenn sich niemand mehr daran erinnert, dass es mal Glühbirnen gab, muss ich diesen Blogbeitrag überarbeiten). Dann ist, auch wenn die angelegte Spannung sinusförmig ist, der Stromfluss nicht mehr sinusförmig, sondern bleibt nach dem Nulldurchgang zunächst Null und springt dann zum Zündzeitpunkt (sofern keine Induktivitäten im Stromkreis die Stromanstiegsgeschwindigkeit begrenzen) auf die Sinusform. Der Stromfluss ist dann zwar immer noch periodisch, aber nicht mehr periodisch sinusförmig. Nun kann man (Achtung, Mathe!) unter bestimmten Voraussetzungen, die in der Energietechnik üblicherweise gelten, periodische nichtsinusförmige Zeitfunktionen als eine unendliche Summe von sinusförmigen Zeitfunktionen darstellen, deren Frequenzen genau ganzzahlige Vielfache des Kehrwertes der Periodendauer der nichtsinusförmigen Zeitfunktion sind. Die Ordnungszahl 0 gilt für den Gleichanteil, die Ordnungszahl 1 für die Grundschwingung und die Ordnungszahlen ab 2 für die weitern Oberschwingungen (auch manchmal Oberwellen genannt, ein Begriff, den mein Doktorvater aus n guten Gründen nicht mochte und mag und den ich deswegen aus n+1 guten Gründen sonst nicht verwende).

Zeit für einen Zeilenumbruch. Wo war ich? Ach ja, also diese Zerlegung einer periodischen Zeitfunktion in unendlich viele sinusförmige Zeitfunktionen mit jeweils einem Vielfachen der Grundfrequenz ist eine orthogonale Zerlegung - ein lustiger Name dafür, dass Sinusfunktionen unterschiedlicher Frequenz gemeinsam keine Wirkleistung transportieren können. Solange die angelegte Spannung am Dimmer also sinusförmig mit Grundfrequenz ist, wird die Wirkleistung nur durch Anteil des Stromes mit Grundfrequenz aufgebracht. Alle anderen Frequenzanteile des Stromes (die Oberschwingungen oder, pfui, Oberwellen) erhöhen den Effektivwert des Stromes, erhöhen also die Scheinleistung und belasten das System, ohne zur Wirkleistung beizutragen, bewirken also eine Erhöhung der Blindleistung, und weil sie die Sinusform des Stromes verzerren, heißt dieser Anteil der Blindleistung Verzerrungsblindleistung.

Bei der Phasenanschnittsteuerung gibt es aber nicht nur Verzerrungsblindleistung, sondern auch Verschiebungsblindleistung, weil der Grundschwingungsanteil des Stromes zeitlich etwas nach hinten verschoben ist (Bilder würden helten, kann sich aber jeder mal Zuhause aufmalen). Induktives Verhalten, sozusagen, obwohl keine Induktivität im Spiel ist! Mind blowing, ich weiß. An der Tafel kann ich noch zeigen, dass man die Blindleistung Q=√(S²-P²) wie die Scheinleistung weiter geometrisch zerlegen kann, indem man Wirkleistung und Verschiebungsblindleistung in Tafelebene darstellt, und Verzerrungsblindleistung senkrecht dazu. Dann ragt auch die Scheinleistung aus der Tafelebene heraus - mit genügend langen Kreidestücken bekomme ich das hin.

In Drehstromsystemen gibt es aber noch eine weitere Form der Blindleistung, nämlich die Unsymmetrieblindleistung, die immer dann auftritt, wenn die drei Phasen des Drehstromsystems ungleichmäßig belastet sind, z.B. indem man einen Widerstand nur zwischen zwei Phasen anschließt. Dann fließt natürlich auch nur in diesen beiden Phasen Strom, aber die Spannung der dritten Phase belastet trotzdem das System und erhöht den Effektivwert der Spannung und damit die Scheinleistung, obwohl sie für die Wirkleistungsbereitstellung gar nicht gebraucht wird. Um das im Hörsaal an der Tafel darzustellen, bräuchte ich dann eine Achse senkrecht zur Realität. Aber das ist meistens kein Problem, weil die Hörerinnen und Hörer bis dahin eingeschlafen oder gegangen sind.

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Mittwoch, 22. Februar 2017
Technik
An der Blindleistung scheiden sich die Energiesystemtechniker von den Volkswirten, lautet eine gängige Energiewirtschaftler-Beschimpfung, die ich mir auch schon ab und zu zueigen gemacht habe. Aber selbst bei den Energiesystemtechnikern gibt es immer wieder und immer große Verwirrung, wenn es um das Vorzeichen von Blindleistung geht, und welches Vorzeichen induktive oder kapazitive Blindleistung denn nun hat. Dabei ist die Bezeichnung "induktive/kapazitive Blindleistung" genau so wenig hilfreich wie "resitive/generatorische Wirkleistung".

Blindleistung Q gibt es immer dann, wenn sich die Wirkleistung P (der Mittelwert des Produktes der Momentanwerte von Strömen und Spannungen) von der Scheinleistung S (das Produkt der Effektivwerte der Ströme und Spannungen) unterscheidet. Die Blindleistung ist dann das, was von der Wirkleistung auf die Scheinleistung "fehlt", wobei der fehlende Teil nicht rein additiv ermittelt wird (Q=S-P, gaaaanz falsch!), sondern geometrisch als senkrecht auf der Wirkleistung stehende Größe (Q=√(S²-P²), so ist es richtig) bestimmt wird.

Und da geht das Dilemma nun los: Wenn Wirkleistung und Blindleistung "senkrecht aufeinander stehen", dann können sie das natürlich "linksrum" oder "rechtsrum" tun. Mit anderen Worten: Die oben stehende Gleichung ergibt nur den Betrag der Blindleistung, aber das Vorzeichen lässt sich daraus nicht ableiten. Dabei ist das Vorzeichen der Blindleistung eindeutig festgelegt; es ergibt sich z.B. aus der "eigentlichen" Bestimmungsgleichung der komplexen Scheinleistung für alle Wechselstromsysteme (auch Drehstromsysteme) mit S=P+jQ, wobei S als S=U×I* definiert ist. Genausogut hätte man S=UI definieren können, hat man aber nicht gemacht, der Zug ist abgefahren, fertig aus. Jedenfalls ist durch diese Definition das Vorzeichen der Blindleistung festgelegt, und zwar so, dass die Blindleistungsaufnahme (also gezählt im Verbraucherzählpfeilsystem) einer Induktivität positiv ist und die einer Kapazität negativ.

Kurz gesagt: Induktivitäten sind nach dieser Vorzeichenfestlegung Blindleistungsverbraucher, während Kapazitäten Blindleistungserzeuger sind. Über das Wesen der Blindleistung, ihre "Entstehung" schreibe ich dann ein anderes Mal. An dieser Stelle bleibt zunächst erst mal festzuhalten, dass Bereitstellung von Blindleistung ("Blindleistungserzeugung") mit dieser Vorzeichenfestlegung bereits erledigt ist: Kapazitäten (oder übererregte Synchrongeneratoren) erzeugen Blindleistung, Induktivitäten (oder untererregte Synchrongeneratoren, oder Asynchronmaschinen) verbrauchen Blindleistung.

Damit muss ich aber immer noch meine steile These, dass "Breitstellung induktiver/kapazitiver Blindleistung" Quatsch ist, belegen. Und zwar: Was damit gemeint ist (jedenfalls hoffe ich, dass die vielen Autoren, die diese Begriffe so verwenden, das so meinen, sonst haben sie gar nix verstanden), ist, dass Kapazitäten induktive Blindleistung bereitstellen (also Blindleistung, die von Induktivitäten oder Asynchronmaschinen "gebraucht" wird). Genausogut würde es aber ausreichen zu sagen, dass Kapazitäten Blindleistung bereitstellen, ohne den Zusatz "induktiv". Denn dieser Zusatz impliziert, dass es auch kapazitive Blindleistung gibt (also Blindleistung, die von Kapazitäten "gebraucht" wird), und die demzufolge von Induktivitäten bereitgestellt wird. Sprich: Induktive Blindleistung ist eigentlich (TM) das gleiche wie "nur" Blindleistung, kapazitive Blindleistung hat genau das andere Vorzeichen und ist negative Blindleistung. Die Bezeichnung "induktive/kapazitive" Blindleistung führt also zu keiner Begriffserweiterung, sondern bietet lediglich unnötiges Potential zur Vorzeichenverwirrung.

Mit der gleichen Argumentation könnte man auch sagen, dass Generatoren (speisen Wirkleistung in das System ein) als Bereitsteller von resistiver Wirkleistung bezeichnet werden sollten, und ohmsche Widerstände (verbrauchen Wirkleistung) als Verbraucher von resistiver Wirkleistung gelten sollten. Das klingt noch einigermaßen vernünftig, "Wirkleistung" und "resistive Wirkleistung" sind dann ähnlich gleichbedeutend wie "Blindleistung" und "induktive Blindleistung". Bloß könnte man ja dann auch anfangen, ohmsche Widerstände als Erzeuger generatorischer Wirkleistung zu bezeichnen, und Generatoren als Verbraucher generatorischer Wirkleistung.

Und das ist eben Quatsch, genau wie "Bereitstellung induktiver/kapazitiver Blindleistung".

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Sonntag, 18. November 2012
Technik
  • Die iTunes-Mediathek aufräumen
  • Backup machen
  • Schuhe putzen (geht immer)
  • Die Online-Lehrveranstaltung Große Transformation ansehen

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Montag, 18. April 2011
Technik
Auf faz.net schlägt Professor Thomas Hartkop, Leiter des Fachgebiets Regenerative Energien am Fachbereich Elektrotechnik der TU Darmstadt, vor, den während Schwachlastzeiten aus regenerativen Quellen erzeugten Strom als Wärme und ggf. in Gas verwandelt zu speichern. Die Möglichkeit, die zunehmende Anzahl von Elektrofahrzeugen zu nutzen, um die schwankende Energieerzeugung zu puffern, würde nicht genug Kapazität bieten.

Belegt wird das mit dem folgenden Rechenbeispiel:
Geht man davon aus, dass die derzeit auf Deutschlands Straßen herumfahrenden 45 Millionen Autos anstelle von Verbrennungsmotoren mit Elektroantrieben ausgestattet wären, ließen sich bei einer (gut dimensionierten) Speicherkapazität von 20 Kilowattstunden (kWh) je Fahrzeug rund 900 Gigawattstunden (GWh) Strom unterbringen. Das hört sich nach viel an. Stellt man jedoch die Gesamtstromerzeugung von 534 000 GWh mit einem fluktuierenden Öko-Stromanteil von 189 000 GWh gegenüber, die von der Bundesregierung im „Leitszenario 2009“ für 2030 erwartet wird, gegenüber, wird deutlich, welch winziger Anteil davon in Autobatterien unterzubringen wäre.
Die Annahme von 45 Millionen Autos ist großzügig genug, dass mir der Hinweis auf LKW spitzfindig erscheint. Aber das Rechenbeispiel halte ich für gänzlich ungeeignet, die Ungeeignetheit von Elektrofahrzeugen zur Pufferung von schwankender Energieerzeugung zu belegen.

900 GWh ist zwar tatsächlich viel, viel weniger als 189000 GWh. Genau gesagt 210 mal weniger. Das sind 2 Größenordnungen. Das kann man auch als Ingenieur nicht einfach unter Rundungsfehler abtun. Allerdings handelt es sich bei den 189000 GWh um den "fluktuierenden Öko-Stromanteil" pro Jahr. Wie oft wird mein Elektroauto pro Jahr in der Garage stehen, um fluktuierenden Öko-Stromanteil zu puffern? Ok, so ungefähr 360 mal, vielleicht auch ein bisschen weniger oft, wenn man mal irgendwo parkt, wo es keine Ladesäule geben wird. Aber so von der Größenordnung her kommt das doch ganz gut an den Faktor 210 hin, oder?

Das Argument wäre schlagkräftiger, wenn ich auch heute nur einmal pro Jahr zum Tanken fahren würde. Aber es muss deswegen ja nicht verkehrt sein, auch noch andere Speichermöglichkeiten zu untersuchen und zu nutzen.

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Mittwoch, 19. Mai 2010
Technik
110kV overhead line tower location fail:






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Dienstag, 7. Juli 2009
Technik
In einem Kernkraftwerk wird durch eine kontrollierte Kettenreaktion zur Spaltung von Atomen Energie erzeugt und in elektrische Energie umgewandelt.

Kettenreaktion klingt zunächst mal etwas unkontrolliert und lawinenartig; tatsächlich gibt es aber nicht nur unkontrollierte Kettenreaktionen von gezündeten Atombomben, bei denen jede Kernspaltung mehrere neue Kernspaltungen auslöst, sondern auch abklingende Kettenreaktionen, bei denen jede Kernspaltung weniger als eine neue bedingt. In Kernkraftwerken wird die Kettenreaktion so gesteuert, dass jede Atomspaltung genau eine weitere auslöst. Dadurch wir die Energieabgabe konstant auf einem (beherrschbaren) Level gehalten.

Dazu dienen die Steuerstäbe als Regeleinrichtungen. Steuerstäbe ein kleines Stückchen einfahren: Die Reaktion wird gebremst. Steuerstäbe ein bisschen ausfahren: Die Reaktion klingt auf. Man kann sich das so vorstellen, als wenn man mit einem Auto fährt, das immer mit Vollgas läuft und dessen Geschwindigkeit man mit der Bremse konstant hält. Ok, um bei dem Bild zu bleiben, muss man sich auch vorstellen, dass das Auto zusätzlich mit Wurfanker und Fallschirm ausgestattet ist und Zucker-in-den-Tank-o-matic, sicher ist sicher (soweit das eben möglich ist). Das Bremspedal sind dabei die Steuerstabantriebe.

Bei einer RESA werden die Steuerstäbe aber nicht langsam über die Steuerstabantriebe eingefahren, um die Kettenreaktion abzubremsen, sondern hydraulisch eingeschossen, weil das viel schneller geht. Bei modernen Kraftwerkstypen könnte man beim Ausfall der Hydraulik die Steuerstäbe auch einfach einfallen lassen - die Schwerkraft ist ja recht störfallresistent. In jedem Fall werden die Steuerantriebe dann (langsam) nachgefahren, womit wir beim Mutternachlauf wären. So heißt das nämlich.

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Technik
Das Kernkraftwerk (oder Atomkraftwerk, je nachdem, wer davon spricht) Krümmel musste vergangenen Samstag vom Netz getrennt werden, nachdem es zu einer Störung in einem der beiden Transformatoren kam, die das Kraftwerk mit dem Energieversorgungsnetz verbinden. Infolge der Netztrennung wurde Reaktorschnellabschaltung ("RESA") eingeleitet, definitiv ein sogenanntes meldepflichtiges Ereignis.

Spiegel-Online berichtet vom Störfall und schreibt:
Die Panne vom Samstag war schlimmer als zunächst bekannt. Nach dem ursprünglichen Transformatorunfall gab es Folgeschäden bei der Schnellabschaltung: Wegen eines defekten Brennelements kam es zu einer Erhöhung der Radioaktivität im Reaktorwasser. Außerdem kam es zu Problemen bei der Kühlung des Reaktorwasser-Reinigungssystems. Des Weiteren war ein Elektronikteil beschädigt, das eine Sicherungsmutter steuert.
Gehe ich recht in der Annahme, dass sich niemand einschließlich der Redakteure etwas unter einer elektronisch gesteuerten Sicherungsmutter vorstellen kann?

Im vorläufigen Arbeits-Bericht zur Reaktorschnellabschaltung kann man allerdings nachlesen, dass der Mutternachlauf eines Steuerstabs wegen defekter Drehzahlüberwachung nicht richtig funktioniert hat, und damit können zumindest Leute etwas anfangen, die etwas davon verstehen. Was Mutternachlauf, Steuerstäbe und Drehzahlüberwachungen sind, kann ich ja später mal erklären. Jetzt nur soviel zum Thema Mutternachlauf: Eltern, auf den vorherigen Link NICHT klicken, dazu ist eure Internetverbindung zu langsam!

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Dienstag, 9. Juni 2009
Technik
Gute Werbung für einen südafrikanischen Energieerzeuger.

Bis Anfang Mai letzten Jahres konnte man sich auf der Homepage auch darüber informieren, wo planmäßig Lastabwurf durchgeführt wird. Seitdem hat sich die Versorgungslage wohl deutlich verbessert.

Weil sich Erzeugung und Verbrauch im Energieversorgungsnetz immer die Waage halten müssen, die Möglichkeiten, bei Engpässen die Erzeugung immer weiter zu erhöhen, aber beschränkt sind, bleibt manchmal keine andere Lösung, als den Verbrauch zu begrenzen und einzelne Verbraucher oder ganze Verbrauchergruppen abzuschalten.

Das heißt Lastabwurf. Und die Tatsache, dass das planmäßig seit Mai letzten Jahres nicht mehr notwendig ist, zeigt, dass inzwischen wohl mehr Flexibilität und Reserve bei der Erzeugung dazugekommen ist.

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Donnerstag, 13. November 2008
Technik
Ich bemühe mich ja, ab und zu ein paar Themen aus meinem beruflichen Umfeld so zu erklären, dass man die Zusammenhänge auch als Laie verstehen kann.

Ich bin nicht der einzige. Die Universität von Illinois versucht, leicht verständliche Unterrichtsmaterialien und "Onlineversuche (1)(2)(3)" anzubieten. Mir als Fachmann fällt als erstes auf, dass man sich der Zielgruppe durch die lustige Schriftart anzubiedern versucht - bloß das alleine macht die Inhalte ja nicht verständlicher. Beim Rest, naja, bemerke ich zuerst die Einschränkungen bei den Annahmen und Vereinfachungen.

Aber ich bin ja auch nicht Zielpublikum.

Interessanterweise habe ich von dem Projekt über eine wissenschaftliche Zeitschrift erfahren, in der ich auch schon veröffentlicht habe und prompt berühmt wurde. Wenn die Macher der Seite jetzt auch berühmt werden, dann war das damals schon richtig, das Schreiben wegzuwerfen.

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Montag, 15. September 2008
Technik
Uran besteht, wenn es aus irgendwelchen Minen in der Welt gefördert wird, aus zwei Isotopen, Uran 235 und Uran 238. Isotope eines Stoffs unterscheiden sich zwar in ihrem Kerngewicht und damit in der Anzahl der Kernbausteine (hier eben 235 oder 238), aber nicht in ihrem chemischen Verhalten.

Für die, die im Chemie-Unterricht ausgepasst haben, hier die wissenschaftliche Erklärung: Das liegt daran, dass Isotope eines Elements zwar die gleiche Anzahl von Protonen (bei Uran sind das 92. 92 ist die sogenannte Ordnungszahl des Uran - sie definiert das Element), aber unterschiedliche Anzahlen von Neutronen im Kern aufweisen. Bei Uran 238 sind es eben drei Neutronen mehr als bei Uran 235.

Für die, die Chemie abgewählt hatten oder das nicht so spannend fanden wie ich, hier die alternative Erklärung: Stellen wir uns vor, mit Uran würden wir Ueberaschungseier meinen. Von außen sehen alle gleich aus, alle kosten das gleiche, aber sie unterscheiden sich darin, welche Überraschung sich im Inneren verbirgt. In jedem siebten Ei...

Stellen wir uns also vor, wir haben Üran 238 (die Ü-Eier mit dem üblichen Gadget) und Üran 235 (die Ü-Eier mit dem Happy Hippo o.ä.), nur dass nicht jedes siebte Ei ein Üran 235 ist, sondern genau 0,8% aller Überraschungseier. Das ist nämlich die Quote, mit der Uran 235 in abgebautem natürlichen Uran vorkommt. Weil Uran 235 das Uran-Isotop ist, das von besonderem Interesse ist (wissenschaftliche Erklärung: weil es mit thermischen Neutronen spaltbar ist - alternative Erklärung: weil man es kontrolliert spalten kann, im Kernkraftwerk quantitativ, in der Atombombe zumindest dahingehend, dass man steuern kann, wann sie explodieren soll). Den technischen Vorgang, Uran zu erzeugen, das einen höheren Anteil an Uran 235 aufweist, nennt man Anreicherung.

Vergleichbar ist die Anreicherung mit der Aufgabe, aus einer Lieferung Überraschungseier solche Paletten zusammenstellen, die einen höheren Anteil an Happy Hippos aufweisen. Alleine durch Hingucken kann man das nicht erreichen. Die Überraschungseier sehen von außen alle gleich aus, und sie kosten alle das gleiche. Genausowenig kann man Uran 235 chemisch von Uran 238 abtrennen, weil das chemische Verhalten gleich ist. Das wäre verhältnismäßig einfach - genauso einfach, wie wenn die Ü-Eier mit dem Happy Hippo einen Aufkleber "Ich bin ein siebtes Ei" tragen würden.

Die Profis unter den Ü-Eier-Figuren-Sammlern erhöhen deshalb ihre Chancen, indem sie die Eier auf der Gemüsewaage wiegen. Das Gewicht der Ü-235-Eier unterscheidet sich leicht von den langweiligen Ü-238-Eiern, und mit größerer Wahrscheinlichkeit kaufen sie dann eines (oder hundert), das ein Happy Hippo enthält. Andere gehen etwas weniger zimperlich zur Sache.

Das Äquivalent zur Gemüsewaage bei Überraschungseiern ist eine Gaszentrifuge bei der Uran-Anreicherung: Dadurch, dass Uran 238 ein leicht höheres Kerngewicht aufweist, wird es in einer Zentrifuge tendenziell eher nach außen geschleudert als Uran 235 und kann damit abgetrennt werden. Das abgereicherte Uran wird wegen der hohen Dichte z.B. zur Munitionsherstellung verwendet. Die Sammler haben aber auch eher Interesse am angereicherten Uran.

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