Donnerstag, 3. April 2008
Technik
Auf den Internetseiten der UCTE kann man sich nicht nur den Verlauf der Frequenz im Europäischen Verbundnetz angucken, sondern auch eine Menge Statistiken.

Gleich auf der zweiten Seite des Monatsberichts Dezember 2007 kann man sich ansehen, aus welchen Quellen wieviel Energie in den einzelnen miteinander verbundenen Ländern erzeugt wird. Von links nach rechts sind das "Therm. nuclear" (also Kernkraftwerke), "Therm conv." (kohle-, öl-, gas-befeuerte Kraftwerke,...), "Hydro prod" (also Wasserkraftwerke), "Other renew." (ich nehme an, dazu zählen dann auch Müllkraftwerke), und daraus extra aufgeführt Windkraftanlagen ("Of which wind").

Die Tabelle ist ganz aufschlussreich. Zum einen fällt sofort auf, dass offenbar einzig und allein in Österreich nichtidentifizerbare Energiequellen vorhanden sind, die immerhin 10% zur Gesamtenergieerzeugung beitragen. Ich finde, nichtidentifizierbare Energiequellen sollten unbedingt ausgebaut werden! Oder hat schon mal jemand was davon gehört, dass nichtidentifizerbare Energiequellen CO2 erzeugen, oder radioaktive Abfälle, oder dass es irgendwelche Bürgerbegehren gegen nichtidentifizierbare Energiequellenkraftwerke gegeben hätte? Nichtidentifizierbare Energiequellen sind die Energie der Zukunft.

Man kann sehen, dass in Frankreich Strom hauptsächlich in Kernkraftwerken erzeugt wird (mehr als die Hälfte der insgesamt ins UCTE-Netz eingespeisten Energie) und in Deutschland hauptsächlich in konventionellen thermischen Kraftwerken. Fast die Hälfte des insgesamt eingespeisten Windstroms kommt aus Deutschland.

Interessant ist auch, dass Deutschland das Land ist, aus dem mit Abstand am meisten Energie in Nachbarländer ausgespeist wird, während Italien das Land ist, das mit Abstand am meisten Energie aus den Nachbarländern bezieht.

Na, mal sehen, ob es dann im Sommer, wenn angeblich massive Stromausfälle drohen, was davon zurück gibt aus Italien. Vielleicht legt ja aber auch die Bundesfamilienministerin ein Veto ein, und das ganze ist eine abgekartete Sache mit dem einzigen Ziel, meine Rente zu sichern.

Auf die eine oder andere Weise.

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Dienstag, 18. März 2008
Technik
Egal ob vom Kernkraftwerk oder vom Windpark, egal ob mit Freixen-ET (vorgeschlagener Werbespruch: "Der Stromversorger für prickelnde Kilowatt-Stunden") oder patschulE (vorgeschlagener Werbespruch: "Auch nachts mit Solarstrom fernsehen"), der Strom kommt über Leitungen vom Kraftwerk zu mir in die Steckdose.

Je größer die Entfernung ist, über die die elektrische Energie übertragen werden muss, umso höher ist die optimale Spannung, mit der die Übertragung stattfinden muss. Übliche Spannungen im europäischen Verbundnetz, wo die Entfernungen nicht allzu groß sind, sind 380.000 Volt oder 110.000 Volt. In Russland werden für größere Entfernungen teilweise deutlich höhere Spannungsebenen eingesetzt.

So hohe Spannungen kann man nicht einfach isolieren, indem man ein paar Lagen Klebeband um den metallischen Leiter wickelt. An die Isolation von Hochspannungsleitungen werden hohe Anforderungen gestellt, und in der etwas größeren ortsansässigen Firma (TM) beschäftigt sich eine ganze Gruppe von Kollegen mit der Isolations-Koordination. Luft ist ein verhältnismäßig schlechter Isolator (deshalb sind die einzelnen Leiterseile auf den Hochspannungsleitungen auch recht weit voneinander entfernt, und die Isolatorketten, an denen sie aufgehängt sind, recht lang), während spezielle Kunststoffe, Gase oder Öle recht gut isolieren. Deshalb kann man auch Kabel bauen, die auch für Spannungen von 400.000 Volt eingesetzt werden können. In Berlin gibt es so eine Kabelverbindung, die in einem Tunnel durch den märkischen Sand unter der Stadt führt. Eine 400 kV- Freileitung konnte in der Innenstadt nicht errichtet werden.

Vor einiger Zeit wurde ich mal gefragt, wieso denn nicht alle Freileitungen abgebaut und dafür Kabel in der Erde verbuddelt werden; das würde doch alles viel hübscher aussehen ohne diese ganzen Masten, die die Landschaft verstellen.

Zuerst habe ich versucht, zu erklären, dass die elektrischen Eigenschaften von Kabeln und Freileitungen sich wesentlich unterscheiden, und dass man Kabel deswegen nur für (im Vergleich zu Freileitungen) kurze Entfernungen einsetzen kann. Das liegt an den Eigenschaften des Isolators und daran, dass deshalb die Abstände kleiner sein können - Kunststoff oder Gas oder Öl haben andere Materialeigenschaften als Luft. War natürlich zu kompliziert, und außerdem: Man könnte doch auch eine Betonröhre einbuddeln, die einen Durchmesser von 50 Metern hat und dann Luft als Isolator einsetzen. Wieso nicht die ganze Freileitung unter die Erde verlegen?

Wenn man dabei ist, könnte man in dem Tunnel auch noch die Autobahnen und Zugstrecken unterbringen, habe ich gemeint, dann wäre das Problem gleich mal mitgelöst. Die Übertreibung wurde als Argument aber nocht akzeptiert. Wieso nicht einen Haufen Geld in die Hand nehmen und das ganze Zeug, was die Landschaft verschandelt, einbuddeln?

Letzten Endes braucht es dafür keinen Techniker, sondern einen VWLer, um das zu erklären. Meine bescheidenen Erklärungsversuche beschränken sich darauf, dass das wirklich einen Haufen Geld kosten würde, einen wirklich riesengroßen Haufen Geld, und dass man mit diesem wirklich riesengroßen Haufen Geld auch nach einem Heilmittel gegen Krebs forschen könnte, oder dem Hunger auf der Welt ein Ende bereiten oder Waffen kaufen könnte, oder damit anfangen, die Staatsverschuldung abzubezahlen. Jedenfalls soviel anderes machen könnte, vieles davon notwendig, sinnvoll oder wünschenswert, bevor Ästhetik auch nur in die Nähe von relativer Wirtschaftlichkeit kommen würde.

Als Techniker hat man es dagegen ab und zu wirklich einfach.

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Sonntag, 16. März 2008
Technik
Ein Block eines üblichen Kernkraftwerkes kann im voll ausgelasteten Zustand gut 1.000 MW Leistung abgeben. Diesen Maximalwert nennt man auch installierte Leistung. Um diesen Wert zu erreichen, müsste man etwa 400 Windkraftanlagen neueren Typs errichten und anschließen; dann wären die installierte Leistung des Kernkraftwerk-Blocks und des Windparks identisch. Kann man deshalb den Kernkraftwerk-Block abbauen und statt dessen einen neuen Windpark mit 400 Windkraftanlagen vor die Küste setzen?

Nicht wirklich (TM). Innerhalb eines Jahres wird der Kernkraftwerk-Block die meiste Zeit seine installierte Leistung auch erzeugen und ins Energieversorgungsnetz einspeisen. Lediglich zur Revision, Brennstabwechsel usw. wird der Block abgefahren (oder wenn mal der Blocktransformator abbrennt...). Kernkraftwerke sind Grundlastkraftwerke. Ihre installierte Leistung ist in etwa 11 von 12 Monaten im Jahr verfügbar und wird genutzt. Die Anzahl der sogenannten Volllaststunden im Jahr ist also verhältnismäßig groß.

Innerhalb des gleichen Zeitraums erzeugen auch die Windkraftanlagen Energie. Wenn der Standort gut gewählt ist und ordentlich Wind weht, dann werden die Windkraftanlagen ab und zu ebenfalls ihre installierte Leistung abgeben. Zu anderen Zeiten wird aber auch mal wenig oder gar kein Wind wehen. Dann trudeln die Rotoren nur in der Brise oder stehen vollkommen still. Die Anzahl der Volllaststunden ist deshalb deutlich niedriger.

Um mit Windkraftanlagen die gleiche Energie zu erzeugen, die innerhalb eines Jahres mit dem Kernkraftwerk-Block eingespeist wird, bräuchte man also deutlich mehr installierte Leistung - einfach weil die installierte Leistung nicht in gleichem Maße auch verfügbar ist.

Dazu kommt, dass die voraussichtliche Energieerzeugung im Kernkraftwerk recht gut planbar ist. Bei den Windkraftanlagen gibt es, meteorologisch bedingt, dagegen immer eine gewisse Unsicherheit. Und weil die Erzeugung immer genau dem aktuellen Verbrauch entsprechen muss, muss diese Unsicherheit ausgeglichen werden, mit anderen Kraftwerken.

Im Moment werden diese Kraftwerke mit Kohle oder Gas oder Öl befeuert, oder sie pumpen Wasser auf einem Berg und lassen es dann wieder ab. Irgendwann verbrennen sie vielleicht mal den Wasserstoff, der mit anderen Windkraftanlagen erzeugt und dann zwischengelagert worden ist. Wenn die Wettervorhersage mal wieder nicht stimmt.

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Montag, 10. März 2008
Technik
Nehmen wir mal an, die Wasserversorgung würde liberalisiert. Dann könnte ich den städtischen Wasserwerken kündigen und einen Liefervertrag mit einem anderen Wasseranbieter abschließen. Nehme ich Freixenet, dann kann ich für einen etwas höheren Preis in Sekt baden, oder nehme ich Selters, dann kann ich mit Sprudel ab- oder sonstwie spülen.

Kann ich natürlich nicht. Weil die Wasserversorgung nicht liberalisiert ist. Und weil, wenn ich dann einen Liefervertrag mit Freixenet abschließe, die mir keine Leitung von Barcelona nach Hause legen, aus der Cava sprudelt.

Preisfrage: Wenn ich den Stromanbieter wechsele, was ich tun kann, weil der Strommarkt liberalisiert ist, wird dann die Straße vorm Haus aufgebuddelt? Nein. Ich behalte den gleichen Stromanschluß, bekomme den gleichen Strom, aber ich erhalte die Rechnung eben von einem anderen Anbieter, und eventuell auch mit einem anderen Preis.

Noch eine Preisfrage: Wenn ich jetzt den Stromanbieter wechsele und, sagen wir mal, 100% Öko-Strom bestelle, bekomme ich dann 100% Öko-Strom? Aufmerksame Leser wissen: Es wird deshalb keine Leitung von der nächsten Windkraftanlage bis zu meinem Haus eingebuddelt.

Wie funktioniert das dann überhaupt? Ist das alles Etikettenschwindel?

Nicht wirklich (TM). Jeder Stromanbieter, zu dem ich wechsele, muss die Strommenge, die ich beziehe, irgendwoher besorgen. Das funktioniert über lang- oder kurzfristige Lieferverträge, oder über die Europäische Strombörse. Und weil man nicht bei jedem Hansel wie mir dauernd misst, wieviel Strom ich wann verbrauche, sondern nur, was ich insgesamt in, sagen wir mal, einem Jahr verbraucht habe, gibt es Standard-Kurven, wann so Hansel wie ich wieviel von ihrem Strombedarf verbrauchen.

Ob ich dann nachtaktiv bin, oder Schicht arbeite, oder bevorzugt morgens warm esse, also mich vollkommen untypisch verhalte, spielt dann keine so große Rolle. Dafür verhalten sich andere Leute genauso untypisch, und am Ende kommt im Mittel eine typische Kurve raus.

Die Kurven werden alle zusammengezählt, und für die Summe muss der Stromanbieter dann auch Strom einkaufen, von Stromerzeugern, die unter anderem auch Öko-Strom im Angebot haben. Der ist natürlich ein bisschen teurer als der andere, aber das sollte es einem ja wert sein.

2007 wurden 14% des Strombedarfs in Deutschland aus regenerativen Quellen erzeugt (wozu witzigerweise auch Müll gehört), und ich vermute jetzt einfach mal, dass weniger als 14% der deutschen Stromkunden explizit Öko-Strom bestellt haben. Was bedeutet: Wenn ich heute Öko-Strom bestelle, dann bekomme ich nicht unbedingt Öko-Strom, und es wird auch nicht unbedingt mehr Öko-Strom erzeugt - ist ja noch genug da. Ich zahle einfach nur mehr. Was es mir ja wert sein sollte.

Schließlich setze ich ein Zeichen. Und wenn irgendwann mal mehr als 14% des Strombedarfs als Öko-Strom bezahlt wird, dann müssen die entsprechenden Erzeugungskapazitäten auch nachgewiesen und eingekauft werden.

Ich geh' mal schnell den Müll runterbringen.

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Mittwoch, 27. Februar 2008
Technik
Im Europäischen Verbundnetz und in vielen anderen Energieversorgungsnetzen beträgt die Netzfrequenz 50 Hertz. Das bedeutet, dass sich ganz grundsätzliche Dinge 50 mal pro Sekunde wiederholen. Zum Beispiel drehen sich viele Generatoren in Kraftwerken 50 mal pro Sekunde. In anderen Netzen, z.B. in Teilen Japans oder in den U.S.A., beträgt die Netzfrequenz 60 Hertz; dort wiederholen sich die Vorgänge eben 60 mal pro Sekunde, aber das Prinzip ist das gleiche.

Eine wesentliche Anforderung dafür, dass solche Netze überhaupt betrieben werden können, ist, dass die Frequenz nicht zu stark von diesen Sollwert abweicht. Wird die Frequenzabweichung zu stark, dann muss das Netz aufgetrennt werden. Das ist ein bisschen so wie bei Speed ("Renn nicht hinterher! Steig nicht ein! SCHIESS IN DIE REIFEN!"), außer dass der Bus nicht nur explodiert, wenn er langsamer als 50 Meilen pro Stunde fährt, sondern auch, wenn er schneller als 50 Meilen pro Stunde wird.

Damit die Frequenz stabil bei 50 Hertz liegt, müssen Erzeugung und Verbrauch von elektrischer Energie im Energieversorgungsnetz exakt gleich sein. Steigt der Verbrauch an, dann wird die Frequenz kleiner, bis die Erzeugung auch angehoben werden kann. Genauso wird der Bus mit Sandra Bullock und Keanu "Wieso hast Du nicht in die Reifen geschossen?" Reeves langsamer, wenn sie eine Highway-Auffahrt hinauffahren, solange Sandra Bullock nicht etwas mehr Gas gibt.

Das "Gas geben" übernimmt im Energieversorgungsnetz die Regelung der Kraftwerke. Ob und wann eine Highway-Auffahrt kommt, wann es also mit dem Verbrauch im Netzwerk bergauf geht und wann bergab, kann man ganz gut abschätzen, aus Erfahrungswerten, der Wettervorhersage und einer Menge Kalenderdaten. Das Streckenprofil, das der Energieversorgungsbus mit einer konstanten Geschwindigkeit von 50 Meilen pro Stunde, nicht mehr, nicht weniger, abfahren muss, ist also ganz gut vorab bestimmbar. Natürlich besteht immer etwas Ungewissheit darüber, wieviele Passagiere wann und wo auf- und abspringen.

Dass der Verbrauch nur mit einer bestimmten Genauigkeit vorab abschätzbar ist und zunächst auch nicht steuerbar ist (es sei denn, man schreibt den Leuten vor, wann sie ihre Kühlschränke auf- und zumachen und ihr Licht an- und ausschalten sollen), macht die Frequenzhaltung zu einer schwierigen Aufgabe. Die Aufgabe wird zusätzlich komplizert dadurch, dass auch das "Gas geben" zunehmend weniger gut gesteuert werden kann. Ein paar zusätzliche Kohlen lassen sich gut und definiert in einen Heizkessel schieben, aber ob und wie stark der Wind weht, und wieviel Energie dann Windkraftanlagen erzeugen, kann man kaum steuern.

Deswegen jammern die Energieversorger darüber, dass sie nicht genausoviele Kraftwerke abschalten können, wie neue Windkraftanlagen gebaut werden, und deswegen wird versucht, genauere meteoroligische Vorhersagen über Windverteilungen und -geschwindigkeiten zu erstellen. Und wie man doch steuern könnte, wann die Kühlschränke an- und wieder ausgehen, Hauptsache das Bier bleibt kalt.

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